Zusätzlichkeitsklausel für Steuerbegünstigungen

Artikel aktualisiert am 03.05.2024

 

Die Zusätzlichkeitserfordernis ist in Absatz 4 im § 8 EstG rückwirkend ab 2020 gesetzlich geregelt. Der Absatz behandelt die Voraussetzungen diverser Steuerbegünstigungen. Der Bundesfinanzhof hatte nach Änderung des Arbeitsvertrags Gehaltsumwandlungen zugunsten steuerbegünstigter Vergütungsbestandteile anerkannt. Allerdings wollte die Finanzverwaltung diese Rechtsprechung nicht anwenden. Deshalb musste der Gesetzgeber für Klarheit sorgen. Das Ergebnis: Die Inanspruchnahme von Steuerbefreiungen und Pauschalsteuern ist davon abhängig, ob der Arbeitgeber etwas drauflegt.

Um eine höhere Nettoauszahlung zu erhalten, gibt es so genannte Vergütungsoptimierungsmodelle. Diese haben das Ziel, den beitrags- und steuerpflichtigen Arbeitslohn entweder in pauschal besteuerte oder steuerfreie Vergütungsbestandteile umzuwandeln. Mit dieser Art der Gestaltung können beispielsweise Arbeitgeber die Mitarbeiter an das Unternehmen binden und sie für ihre guten Leistungen belohnen. Und genau hierbei gibt es teilweise unüberwindbare Hindernisse und Hürden. Trotz der positiven Rechtsprechung ist die Voraussetzung für die Pauschalierungsvorschriften und Steuerbefreiungen, dass der Arbeitgeber dem Mitarbeiter zusätzliche Leistungen gewährt.

Rückwirkend ab 2020 ist nun eine gesetzliche Klarstellung erfolgt.

Voraussetzungen für die Lohnoptimierung

Die Lohnoptimierungsmodelle haben nur dort geringe Abgaben zur Folge, wo die Pauschalbesteuerung oder Steuerfreiheit von Lohnbestandteilen nicht daran gekoppelt ist, dass sie zusätzlich zu dem vereinbarten Arbeitsentgelt erbracht werden. Zu den problematischen Vergütungsbestandteilen innerhalb der Nettolohnoptimierung, die zusätzlich zu dem geschuldeten Arbeitsentgelt zu erbringen sind, gehören beispielsweise:

  • Nach § 3 Nr. 15 EStG die steuerfreien Job-Tickets

  • Nach § 3 Nr. 33 EStG die steuerfreien Kindergartenzuschüsse für die nicht schulpflichtigen Kinder

  • Nach § 3 Nr. 34 EStG die steuerfreien Zuschüsse zur Gesundheitsvorsorge

  • Nach § 3 Nr. 37 EStG die steuerfreien Vorteile bezüglich der Überlassung von Fahrrädern oder Pedelecs

  • Nach § 40 Abs. 2 EStG die pauschal zu versteuernden Barzuschüsse zu den Fahrtkosten zwischen der ersten Tätigkeitsstätte und der Wohnung

  • Nach 3 40 Abs. 2 Nr. 5 EStG die pauschal zu versteuernden Beträge für die Übereignung von Tablets, Computern und anderen Datenverarbeitungsgeräten inklusive Zubehör und Zuschüssen zu den Internetnutzungsgebühren

Neu ab 2020 sind:

  • Nach § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG die Anwendung der 44-Euro-Sachbezugsfreigrenze

  • Nach § 100 EStG der erhöhte Arbeitgeber-Förderbetrag zu der betrieblichen Altersvorsorge

Abweichend von der früheren Rechtssprechung sieht die Verwaltung die Zusätzlichkeitsvoraussetzung als erfüllt an, wenn zu dem Arbeitslohn die zweckbestimmte Leistung dazu kommt, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer arbeitsrechtlich schuldet. Hat der Mitarbeiter einen arbeitsvertraglich geregelten Anspruch auf eine zweckbestimmte Leistung, ist das Tatbestandsmerkmal „zusätzlich zu dem geschuldeten Arbeitsentgelt“ erfüllt.

Bringt ein Änderungsvertrag zusätzliche Leistungen?

Wird ein unbefristeter Arbeitsvertrag geändert beziehungsweise eine Änderungskündigung ausgesprochen, ist nach der bisherigen Verwaltungsauffassung das Tatbestandsmerkmal „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ und damit gleichzeitig die Voraussetzung zur Steuervergünstigung nicht erfüllt. Dies liegt daran, dass durch die im Einvernehmen geschlossenen Änderungsverträge der arbeitsrechtlich geschuldete Arbeitslohn nur umgewandelt wird. Gewährt der Arbeitgeber seinem Mitarbeiter für eine zweckbestimmte Leistung unter der Anrechnung auf das arbeitsrechtlich geschuldete Arbeitsentgelt oder dessen Umwandlung, liegt nach Meinung der Verwaltung keine zusätzliche Leistung vor (R 3.33 Abs. 5 Satz 2 LStR).

Die neuen Grundsätze zur Zusätzlichkeit

Der ohnehin geschuldete Arbeitslohn ist im Sinne der obigen Steuerbefreiungs- und Pauschalierungsvorschriften nach der Rechtsprechung des BFH der Lohn, den der Arbeitgeber ohne eine bestimmte Zweckbindung und verwendungsfrei erbringt.

Zusätzlicher Arbeitslohn hingegen liegt vor, wenn dieser zweck- oder verwendungsgebunden zu dem ohnehin geschuldeten Arbeitsentgelt gewährt wird. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Mitarbeiter einen arbeitsrechtlichen Anspruch auf den zusätzlichen Arbeitslohn hat (BFH, Urteil vom 1.8.2019, VI R 32/18). Insoweit hat sich das BFH der Verwaltungsauffassung angeschlossen und die Rechtsprechung aus 2012 geändert.

Das bringt die Gesetzesänderung ab 2020

2020 erfolgte aufgrund des Jahressteuergesetzes eine gesetzliche Definition der Zusätzlichkeit. In § 8 Abs. 4 EStG wird mit der Neuregelung klar geregelt, dass nur die echten Zusatzleistungen durch den Arbeitgeber steuerbegünstigt sind. Die Zusätzlichkeit ist in diesen Fällen gegeben:

  • Wenn die Leistung nicht auf den Anspruch des Arbeitsentgelts angerechnet wird

  • Wenn der Anspruch auf das Arbeitsentgelt nicht zugunsten der Zusatzleistung gekürzt wird

  • Wenn die zweck- oder verwendungsgebundene Leistung nicht anstatt einer schon vereinbarten Erhöhung des Arbeitsentgelts gewährt wird

  • Wenn bei Wegfall der Leistung keine Erhöhung des Arbeitslohns erfolgt

Die genannten Kriterien entsprechen somit dem Nichtanwendungserlass. Sie sind unabhängig davon, ob das Arbeitsentgelt tarifgebunden ist oder nicht. Unter den genannten Voraussetzungen ist bei einer zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitsentgelt erbrachten Leistung davon auszugehen, wenn der Mitarbeiter aufgrund einer dienst- oder arbeitsrechtlichen oder arbeitsvertraglichen Rechtsgrundlage (wie beispielsweise Tarifvertrag, Gesetz, Betriebsvereinbarung oder Einzelvertrag) einen Anspruch darauf hat.

Die Neuregelung findet erstmals auf, nach dem 31. Dezember 2019 zugewendeten Bezüge Anwendung. Durch den vorhergehenden Nichtanwendungserlass ergibt sich ab 2020 letztendlich keine Änderung in der Verwaltungsauffassung. Lediglich neu ist die Bindungswirkung für die Gerichte.

Weitere Beiträge

Arbeiter am Band

Kurzfristige Beschäftigung – das sollten Sie wissen

Wird eine Beschäftigung an nicht mehr als 70 Arbeitstagen, beziehungsweise 60 Kalendertagen oder nicht mehr als drei Monaten innerhalb des Kalenderjahres ausgeübt, spricht man von einer kurzfristigen Beschäftigung.... weiterlesen

23. Juli 2025


Eltern mit Kindern im Freien

DaBPV-Rückmeldung: Was tun bei falscher Kinderanzahl oder Elterneigenschaft?

DaBPV (Datenübermittlungsverfahren Beitragsdifferenzierung Pflegeversicherung) ist das neue zum 01.07.2025 eingeführte digitale Verfahren, mit dem Arbeitgeber die Anzahl der Kinder und die Elterneigenschaft von Beschäftigten elektronisch beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) abrufen können. Diese Informationen sind relevant für die Berechnung von Beitragszuschlägen bzw. -abschlägen in der sozialen Pflegeversicherung (Stichwort: Kinderlosenzuschlag). Doch was ist zu tun, wenn die zurückgemeldeten Daten nicht mit der tatsächlichen Kinderanzahl oder Elternschaft übereinstimmen?... weiterlesen

16. Juli 2025


Lohn, Gehalt, Entgelt - die Unterschiede einfach erklärt

Lohn, Gehalt und Entgelt – Unterschiede verständlich erklärt

Die Begriffe Lohn und Gehalt werden im Alltag häufig durcheinandergeworfen. Beide bezeichnen grundsätzlich das Entgelt für geleistete Arbeit – also die Bezahlung, die ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber erhält. Dennoch gibt es wichtige Unterschiede zwischen Lohn, Gehalt und dem übergeordneten Begriff Entgelt. Diese Unterschiede zu kennen ist sowohl für Unternehmen (etwa bei der Lohnbuchhaltung) als auch für Arbeitnehmer wichtig, etwa wenn es um Abrechnungen, Urlaubs- oder Krankengeld geht.... weiterlesen

14. Juli 2025


Arbeiten von zu Hause aus

Steuerfreie Internetpauschale über die Gehaltsabrechnung: Leitfaden für Arbeitgeber

In Zeiten von Homeoffice und mobilem Arbeiten nutzen viele Arbeitnehmer ihren privaten Internetanschluss auch beruflich. Arbeitgeber möchten diese Kosten oft freiwillig ausgleichen, indem sie eine steuerfreie Internetpauschale zahlen. Doch welche rechtlichen Grundlagen gelten hierfür, unter welchen Voraussetzungen bleibt ein Internetzuschuss steuerfrei und wie wird er korrekt in der Lohnabrechnung umgesetzt? Im Folgenden erhalten Arbeitgeber einen fundierten Überblick – inklusive typischer Fallstricke und der Abgrenzung zu anderen Steuererleichterungen im Homeoffice-Umfeld.... weiterlesen

10. Juli 2025


Eine Person erhält SFN-Zuschläge

Minijob und steuerfreie SFN-Zuschläge: Vorsicht bei Krankheit und Urlaub

Minijobs (geringfügig entlohnte Beschäftigungen) können dank steuerfreier Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschläge (SFN-Zuschläge) für Arbeitgeber und Arbeitnehmer attraktiv sein. Diese Zuschläge – z. B. Zuschläge für Sonntagsarbeit, Feiertagsarbeit oder Nachtarbeit – dürfen unter bestimmten Bedingungen steuer- und sozialversicherungsfrei gezahlt werden und werden dann nicht auf die Verdienstgrenze im Minijob angerechnet. ... weiterlesen

8. Juli 2025


KFZ und Fahrrad

Unterschiedliche Bemessungsgrundlagen bei Lohnsteuer und Umsatzsteuer für E-Dienstwagen und Diensträder

Die Bereitstellung von dienstlichen Elektro- oder Hybridfahrzeugen sowie Dienstfahrrädern zur privaten Nutzung führt zu steuerlichen Konsequenzen in zwei Bereichen: Lohnsteuer (Einkommensteuer des Arbeitnehmers) und Umsatzsteuer (für den Arbeitgeber). Wichtig ist, dass die Bemessungsgrundlage – also der Wert, der der Besteuerung zugrunde gelegt wird – in beiden Steuerarten unterschiedlich ermittelt wird.... weiterlesen

7. Juli 2025


    Wir machen es einfach.

    Unser Angebot spricht Sie an und Sie möchten eine individuelle Beratung erhalten?
    Kontaktieren Sie uns jetzt einfach!

    E-Mail:

    info@lohndirekt.de

    Telefon:

    0461 70 71 555

    Hier sind wir zu finden:

    Lise-Meitner-Str. 14a

    24941 Flensburg

      Rufen Sie uns an: 0461 / 70 71 555 Mo.-Do. 9-15 Uhr, Fr. 9-13 Uhr