Die Lohnabrechnung: Bruttoentgeltfindung – leichter mit System

Artikel aktualisiert am 16.07.2024

 

Das Gehalt ist fĂŒr den Arbeitnehmer eines der wichtigsten Anreize zur Aufnahme einer angestellten TĂ€tigkeit. FĂŒr den Arbeitgeber heißt das, er muss bei der Bruttoentgeltfindung einerseits die Wirkung auf seinen Arbeitnehmer berĂŒcksichtigen, andererseits ein insgesamt stimmiges und sinnvolles GehaltsgefĂŒge fĂŒr sein gesamtes Unternehmen schaffen. Außerdem muss er die Gesamtkostenbelastung durch Lohnkosten im Blick haben. Die Findung des Bruttoentgelts ist daher eine anspruchsvolle und komplexe Aufgabe. Die folgende Checkliste erfasst die Faktoren, die bei der Ermittlung des Bruttoentgelts miteinander in Beziehung gesetzt werden sollten. Systematisch ist die komplizierte Entgeltfindung wesentlich einfacher zu bewĂ€ltigen.

 

Checkliste zur Bruttoentgeltfindung

 

Checkliste Bruttoentgeltfindung

1. Festlegung der EinflussgrĂ¶ĂŸen

a) Unternehmensbezogene EinflussgrĂ¶ĂŸen

– GrĂ¶ĂŸe des Unternehmens 
– Ertragslage der Unternehmung 
– Standort des Unternehmens 
– Einbindung in KonzerngefĂŒge 
– Spezifika der Branche 
– Tarifgebundenheit? 

b) Positionsbezogene EinflussgrĂ¶ĂŸen

– Status 
– Stelle in der Hierarchie 
– Verantwortungsbereich: Auch Personal? 
– Vollmachten zur Vertretung nach außen? 
– Funktion 
– Vergleichbare Stellen bereits vorhanden? 

c) Personenbezogene EinflussgrĂ¶ĂŸen

– Ausbildungsstatus 
– Leistung 
– Lebensalter des Mitarbeiters 
– Zeit der Firmenzugehörigkeit 
– Berufserfahrung 

d) Marktbezogene EinflussgrĂ¶ĂŸen

– Angebot und Nachfrage: Wie gefragt ist der Mitarbeiter allgemein?
– Wettbewerb: Was bezahlt die Konkurrenz?
– Allgemeine Konjunktur: Wie ist die allgemeine wirtschaftliche Lage – auch perspektivisch?

 

2. Festlegung der Brutto-Lohn-Zusammensetzung

Der Bruttolohn besteht zunÀchst aus dem Arbeitseinkommen (brutto) und den gesetzlich festgesetzten Sozialleistungen.

An dieser Stelle ist zu entscheiden:

– Sind freiwillige Sozialleistungen vorgesehen? 
– Wenn ja, in welcher Form? 
– Sehen TarifvertrĂ€ge oder Konzernvereinbarungen zwingende weitere Sozialleistungen vor? 

 

3. Mögliche Bestandteile der Entlohnung im Unternehmen

a) Grundlohn – Der Lohn fĂŒr die allgemein vom Mitarbeiter erwartete Leistung.

b) Zusatzlohn – Ermittelte Mehrleistungen werden zusĂ€tzlich vergĂŒtet in Form von

– PrĂ€mie 
– Zuschlag 
– Bonus 
– Beteiligung 

um weitere Anreize zu setzen.

c) Soziallohn – betriebliche soziale Leistungen ergĂ€nzen den Grundlohn um

– eine betriebliche Altersversorgung 
– Urlaubsgeld 
– ein zusĂ€tzliches Gehalt (13. Monatsgehalt) 
– Weihnachtsgeld 
– eine erweiterte Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall 
– individuelle ZuschĂŒsse wie Kindergartenbeihilfe und Ă€hnliches.

 

4. Ermittlung des Grundlohns und möglicher ZuschlÀge

a) Bindende Anforderungen
– Mindestlohn  
-Tarifvereinbarungen (siehe unten) 

b) Wahl der Lohnform

Der Lohn kann nach verschiedenen EntlohnungsgrundsÀtzen festgesetzt werden:

Zeitlohn – Entlohnt wird nach Dauer der Arbeitszeit, unabhĂ€ngig von der Menge der Leistung.

Akkordlohn – Bei Vorliegen der AkkordfĂ€higkeit und Akkordreife kann nach Zeit- oder Geldakkord entlohnt werden. Lohn ermittelt sich aus dem erwarteten Lohn und dem Zuschlag.

PrĂ€mienlohn – Mehrleistung wird durch Zusatzzahlung entlohnt. Möglich etwa als MengenleistungsprĂ€mie, QualitĂ€tsprĂ€mie, ErsparnisprĂ€mie oder NutzungsgradprĂ€mie.

Zeitkonstanter Leistungslohn – Lohn orientiert sich an allgemeinen LeistungsmaßstĂ€ben und nicht an der individuellen Leistung des Einzelnen. Wichtig ist fĂŒr das Unternehmen eine gleichmĂ€ĂŸige Arbeitsleistung ĂŒber einen lĂ€ngeren Zeitraum.

c) Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung

Der Grundlohn kann durch Tarifvertrag sowie Betriebs- oder Konzernvereinbarungen
bereits festgelegt sein. Auch Branchenvergleiche können berĂŒcksichtigt werden, wenn es sich etwa um einen besonders gefragten Mitarbeiter handelt, fĂŒr den spezielle Anreize geschaffen werden mĂŒssen.

d) Ermittlung des Grundlohns durch Bewertungsverfahren

Ist der Grundlohn neu und individuell zu ermitteln, erfolgt dies in mehreren Stufen durch verschieden Bewertungsverfahren.

Erster Punkt dabei ist die Bestimmung der Normalleistung.  Sie kann unterschiedlich bestimmt werden. Unter anderem durch:

– Multi-Moment-Analysen 
– Refa-Zeitaufnahmenverfahren 
– Methods-Time-Measurement (MTM) 
– Work Factor Analysis (WF) 

Welches Verfahren zur Anwendung kommt, hÀngt von den individuellen Bedingungen im Betrieb sowie von den bisherigen Erfahrungswerten mit vergleichbaren TÀtigkeiten ab. Alle Verfahren zielen auf eine EinschÀtzung der TÀtigkeiten in Bezug auf ihre einzelnen Bestandteile und deren zeitlichen Anteil an der Gesamtleistung ab.

e) Arbeitsplatzbeschreibung

Erfasst werden

– die Aufgaben, 
– die Kompetenzen, 
– die Verantwortungsbereiche, 
– die Arbeitssituation. 

f) Bewertung nach Art und Höhe der TÀtigkeiten

Zur Anwendung kommen hier Rangfolge- oder Rangreihenverfahren, das heißt, die TĂ€tigkeit der einzelnen TĂ€tigkeit wird von der Anforderung her mit anderen Stellen verglichen und einem bestimmten Rang bezogen auf die Höhe der Anforderung zugeordnet. Auch Lohngruppen- oder Stufenwertgruppenverfahren
kommen zur Bewertung in Frage. Dabei werden gestufte RichtbeitrÀge gebildet, wie das etwa in TarifvertrÀgen auch gemacht wird.

g) Ermittlung des Gesamtarbeitswerts und Zuordnung des Gehalts im betrieblichen GesamtlohngefĂŒge

Spezifisch auf die Bedingungen im Betrieb zu prĂŒfen.

h) Bewertung des Grundlohns nach Entlohnungsprinzipien

Hier wird der bisher ermittelte Grundlohn nochmals in Beziehung gesetzt und geprĂŒft, ob er den allgemeinen Entlohnungsprinzipien entspricht. Es erfolgt deshalb eine

– anforderungsgerechte Bewertung 
– leistungsgerechte Bewertung 
– qualifikationsgerechte Bewertung 

des Grundlohns.

 

5. Feinabstimmung Lohn – BerĂŒcksichtigung weiterer Faktoren

Der Grundlohn sollte in der Feinabstimmung noch mit weiteren GrĂ¶ĂŸen abgeglichen werden. Man kommt hier nochmals auf die anfangs festgelegten weiteren Einflussfaktoren zurĂŒck. Diese sind unter anderem
– mögliche standortbezogene, regionale Besonderheiten (zum Beispiel Raum Hamburg als Standort mit besonders hohen Lebenshaltungskosten) 
– ganz spezifische branchen- oder wettbewerbsbezogene Faktoren (in einem Bereich sind VerkĂ€ufer besonders gefragt, so dass sich kaum Bewerber fĂŒr ausgeschrieben Stellen finden). 

 

6. Unternehmerische Gesamtkostenbetrachtung

Personalkosten sind fĂŒr den Betrieb ein erheblicher Kostenfaktor. Deshalb sollte bei der Bruttoentgeltfindung abschließend eine Gesamtkostenbetrachtung nicht fehlen, um die tatsĂ€chliche Belastung fĂŒr das Unternehmen bezogen auf die einzelne Stelle einschĂ€tzen zu können. Dazu ist es sinnvoll, neben dem eigentlichen Bruttoentgelt mögliche typische Zusatzbelastungen nochmals durchzugehen und zu erfassen:
– Fix Lohn 
– Akkordzuschlag 
– 13. Monatsgehalt 
– Gratifikationen 
– ZuschlĂ€ge fĂŒr Nacht- oder Wochenendarbeit 
– Urlaubsgeld 
– Weihnachtsgeld 
– Tantiemen 
– Betriebliche Altersversorgung 
– Mitarbeiterrabatte 
– Fahrtkostenzuschuss 
– Kindergartenzuschuss 
– Firmenwagen 
– ÜberstundenvergĂŒtung 
– Heiratsbeihilfen 
– Provision 
– Arbeitnehmerdarlehen 
– ZusĂ€tzliche Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall 

Ergebnis: Idealerweise ist das ermittelte Bruttoentgelt sowohl individuell als auch betriebsbezogen stimmig eingeordnet.

 

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