Werden die Sachprämien durch den Arbeitgeber in die Wohnung des Arbeitnehmers geliefert, liegt mit den Versandkosten eine weitere Leistung vor, deren Wert in die Berechnung der 44-Euro-Freigrenze einzurechnen ist.
Dies gilt auch, wenn im Versand- oder Onlinehandel der günstigste Einzelhandelspreis gefunden wird und die Versandkosten als eigenständige Position und Leistung ausgewiesen werden.
Der Hintergrund: der Versand von Sachprämien an Mitarbeiter
Der Arbeitgeber Müller gewährte seinen Mitarbeitern zwischen 2006 und 2009 unter gewissen Voraussetzungen verschiedene Sachprämien (Bekleidung, Unterhaltungselektronik, Werkzeuge, usw.). Bestellt wurden die Sachprämien bei dem Versanddienstleister XYZ. Aus dessen Angebotspalette konnte jeder bezugsberechtigte Mitarbeiter einen Sachbezug aussuchen. Herr Müller bestellte die Artikel bei XYZ. Dieser stellte die Sachbezüge regelmäßig zu 43,99 Euro zuzüglich einer Versand- und Handlingspauschale von 6 Euro in Rechnung. Nach der Bezahlung der bestellten Artikel durch Herrn Müller bezog der Versandhändler die Waren von seinen Lieferanten und nahm den Versand der Artikel an die jeweiligen Mitarbeiter vor, beziehungsweise händigte die Waren dem Arbeitgeber Müller aus, damit dieser die Verteilung im Unternehmen vornehmen konnte.
Das Finanzamt ging von dem Sachverhalt aus, dass die Versand- und Handlingspauschale dem Wert der Sachzuwendungen hinzuzurechnen ist und erließ deshalb – wegen Überschreiten der 44 Euro-Grenze – einen entsprechenden Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid. Das Finanzgericht folgte diesem Entscheid und wies die Klage des Arbeitgebers Müller ab.
Vorteil der Versendung ist zusätzliche Leistung
Die Sachprämie, die der Arbeitnehmer erhält, ist nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG mit dem (Preisnachlässe abgezogen) üblichen Endpreis am Abgabeort anzusetzen. Als Vergleichspreis wird der günstigste Einzelhandelspreis am Markt angesetzt, da davon ausgegangen wird, dass der Endverbraucher das günstigste Angebot auf dem Markt annehmen wird. Unter „Markt“ werden alle gewerblichen Anbieter bezeichnet, von denen die Ware für gewöhnlich bezogen wird, beziehungsweise bezogen werden kann, sprich der Einzelhandel (BMF-Schreiben vom 16.05.2013, BStBl I 2013, 729).
Dabei werden die Versand- und Lieferkosten im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG nicht zum Endpreis gezählt. Es handelt sich hier nicht um die Gegenleistung des Endverbrauchers der Ware, sondern für sonstige Leistungen als die Sachprämie. Wird die Ware vom Arbeitgeber in die Wohnung des Arbeitnehmers geliefert, liegt eine zusätzliche Leistung vor. Diese erhöht allerdings nicht den Warenwert, sondern muss als weiterer Sachbezug gesondert bewertet werden. Auch im Falle, dass der günstigste Einzelhandelspreis der Sachprämie im Online-/Versandhandel gefunden wird. Wird der Versand als eigenständige Leistung ausgewiesen, wird der geldwerte Vorteil aus der Lieferung zum Hause des Arbeitnehmers bei der Berechnung der Sachprämien-Freigrenze zum Warenwert hinzugerechnet.
Konkrete Feststellung des Endverbraucherpreises
Allerdings ist dem Streitfall nicht entnehmbar, ob sich das Finanzamt, beziehungsweise das Finanzgericht an dem niedrigsten Endverbraucherpreis orientiert hat. Es ging von den Beträgen aus, die der Arbeitgeber Herr Müller von dem Unternehmen XYZ in Rechnung gestellt wurden, also die 43,99 Euro plus die Versandkosten. Das Geschäftsmodell des Versenders XYZ lässt allerdings die Meinung zu, dass der berechnete Betrag nicht den Einzelhandelspreis abbildete. Denn es ist unwahrscheinlich, dass verschiedene Prämien stets in gleicher Höhe von 43,99 Euro den Marktpreis abbilden. Der Bundesfinanzhof wies den Fall zur weiteren Klärung an das Finanzgericht zurück. Dieses muss unter anderem prüfen, ob die Freigrenze überschritten ist und ob die betragsmäßige Höhe der Lohnsteuer-Nachforderung korrekt ist. Dabei muss der jeweilige Einzelhandelsverkaufspreis der Sachprämien ermittelt werden und anhand der Summe der Einzelwerte der Arbeitslohn und damit verbunden die Bemessungsgrundlage der Lohnsteuer-Nachforderung. Kann die Einzelbewertung nicht mehr nachgewiesen werden, muss eine Schätzung des Sachbezugswerts durch das Finanzgericht erfolgen.
Handelt es sich – wie in diesem Fall – um einen Komplettservice des Versenders, dann handelt es sich um „lohnsteueroptimierte“ Sachbezüge. Diesem Geschäftsmodell wird durch das BFH eine Absage erteilt. Für die Prämien eines jeden einzelnen Monats ist konkret anhand des niedrigsten Einzelhandelspreises zuzüglich möglicher Versandkosten festzustellen, dass die Freigrenze eingehalten wird.