44 Euro-Freigrenze – Berücksichtigung der Versandkosten

Artikel aktualisiert am 20.03.2024

 

Werden die Sach­prämien durch den Arbeit­geber in die Wohnung des Arbeit­nehmers geliefert, liegt mit den Ver­sand­kosten eine weitere Leistung vor, deren Wert in die Berechnung der 44-Euro-Frei­grenze einzu­rechnen ist.

Dies gilt auch, wenn im Versand- oder Online­handel der günstigste Einzel­handels­preis gefunden wird und die Versand­kosten als eigen­ständige Position und Leistung aus­gewiesen werden.

 

Der Hinter­grund: der Versand von Sach­prämien an Mit­arbeiter

Der Arbeit­geber Müller gewährte seinen Mitarbeitern zwischen 2006 und 2009 unter gewissen Voraus­setzungen verschiedene Sach­prämien (Bekleidung, Unter­haltungs­elektronik, Werkzeuge, usw.). Bestellt wurden die Sachprämien bei dem Versand­dienst­leister XYZ. Aus dessen Angebots­palette konnte jeder bezugs­berechtigte Mit­arbeiter einen Sach­bezug aussuchen. Herr Müller bestellte die Artikel bei XYZ. Dieser stellte die Sach­bezüge regelmäßig zu 43,99 Euro zuzüglich einer Versand- und Handlings­pauschale von 6 Euro in Rechnung. Nach der Bezahlung der bestellten Artikel durch Herrn Müller bezog der Versand­händler die Waren von seinen Lieferan­ten und nahm den Versand der Artikel an die jeweiligen Mit­arbeiter vor, beziehungs­weise händigte die Waren dem Arbeit­geber Müller aus, damit dieser die Verteilung im Unter­nehmen vornehmen konnte.

Das Finanzamt ging von dem Sach­verhalt aus, dass die Versand- und Handlingspauschale dem Wert der Sachzuwendungen hinzuzurechnen ist und erließ deshalb – wegen Über­schreiten der 44 Euro-Grenze – einen entsprechenden Lohnsteuer-Nach­forderungs­bescheid. Das Finanz­gericht folgte diesem Entscheid und wies die Klage des Arbeit­gebers Müller ab.

 

Vorteil der Ver­sendung ist zusätzliche Leistung

Die Sachprämie, die der Arbeit­nehmer erhält, ist nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG mit dem (Preis­nachlässe abgezogen) üblichen Endpreis am Abgabeort anzusetzen. Als Vergleichs­preis wird der günstigste Einzel­handels­preis am Markt angesetzt, da davon aus­gegangen wird, dass der End­ver­braucher das günstigste Angebot auf dem Markt annehmen wird. Unter „Markt“ werden alle gewerb­lichen Anbieter bezeichnet, von denen die Ware für gewöhnlich bezogen wird, beziehungs­weise bezogen werden kann, sprich der Einzel­handel (BMF-Schreiben vom 16.05.2013, BStBl I 2013, 729).

Dabei werden die Versand- und Liefer­kosten im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG nicht zum Endpreis gezählt. Es handelt sich hier nicht um die Gegen­leistung des End­ver­brauchers der Ware, sondern für sonstige Leis­tungen als die Sachprämie. Wird die Ware vom Arbeitgeber in die Wohnung des Arbeitnehmers geliefert, liegt eine zusätzliche Leistung vor. Diese erhöht allerdings nicht den Warenwert, sondern muss als weiterer Sachbezug gesondert bewertet werden. Auch im Falle, dass der günstigste Einzel­handels­preis der Sachprämie im Online-/Versand­handel gefunden wird. Wird der Versand als eigen­ständige Leistung ausgewiesen, wird der geldwerte Vorteil aus der Lieferung zum Hause des Arbeit­nehmers bei der Berechnung der Sach­prämien-Frei­grenze zum Warenwert hinzugerechnet.

 

Konkrete Fest­stellung des End­verbraucher­preises

Allerdings ist dem Streit­fall nicht entnehmbar, ob sich das Finanzamt, beziehungs­weise das Finanzgericht an dem niedrigsten End­ver­braucher­preis orientiert hat. Es ging von den Beträgen aus, die der Arbeit­geber Herr Müller von dem Unternehmen XYZ in Rechnung gestellt wurden, also die 43,99 Euro plus die Versand­kosten. Das Geschäfts­modell des Versenders XYZ lässt allerdings die Meinung zu, dass der berechnete Betrag nicht den Einzel­handels­preis abbildete. Denn es ist unwahr­scheinlich, dass ver­schiedene Prämien stets in gleicher Höhe von 43,99 Euro den Markt­preis abbilden. Der Bundesfinanzhof wies den Fall zur weiteren Klärung an das Finanzgericht zurück. Dieses muss unter anderem prüfen, ob die Freigrenze überschritten ist und ob die betrags­mäßige Höhe der Lohn­steuer-Nach­forderung korrekt ist. Dabei muss der jeweilige Einzel­handels­verkaufs­preis der Sachprämien ermittelt werden und anhand der Summe der Einzelwerte der Arbeits­lohn und damit verbunden die Bemessungs­grundlage der Lohn­steuer-Nach­forderung. Kann die Einzel­bewertung nicht mehr nach­gewiesen werden, muss eine Schätzung des Sach­bezugs­werts durch das Finanzgericht erfolgen.

Handelt es sich – wie in diesem Fall – um einen Komplett­service des Versenders, dann handelt es sich um „lohn­steuer­optimierte“ Sach­bezüge. Diesem Geschäfts­modell wird durch das BFH eine Absage erteilt. Für die Prämien eines jeden einzelnen Monats ist konkret anhand des niedrigsten Einzel­handels­preises zuzüglich möglicher Versand­kosten fest­zu­stellen, dass die Frei­grenze eingehalten wird.

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