Minijob und steuerfreie SFN-ZuschlÀge: Vorsicht bei Krankheit und Urlaub

Minijobs (geringfĂŒgig entlohnte BeschĂ€ftigungen) können dank steuerfreier Sonntags-, Feiertags- und NachtzuschlĂ€ge (SFN-ZuschlĂ€ge) fĂŒr Arbeitgeber und Arbeitnehmer attraktiv sein. Diese ZuschlĂ€ge – z. B. ZuschlĂ€ge fĂŒr Sonntagsarbeit, Feiertagsarbeit oder Nachtarbeit – dĂŒrfen unter bestimmten Bedingungen steuer- und sozialversicherungsfrei gezahlt werden und werden dann nicht auf die Verdienstgrenze im Minijob angerechnet. In der Praxis kann dies jedoch zu bösen Überraschungen fĂŒhren, wenn Minijobber krankheitsbedingt ausfallen oder Urlaub nehmen. Denn in solchen FĂ€llen mĂŒssen die normalerweise steuerfreien ZuschlĂ€ge weitergezahlt werden – und verlieren dabei ihre Steuerfreiheit. In dieser Anleitung erklĂ€ren wir praxisnah, was Arbeitgeber beachten mĂŒssen, und veranschaulichen es mit Beispielen.

 

Steuerfreie SFN-ZuschlĂ€ge im Minijob – Grundlagen

SFN-ZuschlĂ€ge sind AufschlĂ€ge auf den Lohn fĂŒr Arbeit zu ungĂŒnstigen Zeiten (Nachtarbeit) oder an Sonn- und Feiertagen. Gesetzlich ist festgelegt, bis zu welcher Höhe diese ZuschlĂ€ge steuerfrei gewĂ€hrt werden dĂŒrfen. Typische HöchstsĂ€tze sind z. B. 50 % Zuschlag fĂŒr Sonntagsarbeit und 125 % Zuschlag fĂŒr Feiertagsarbeit (bezogen auf den Grundlohn). FĂŒr Nachtarbeit gilt ein Zuschlag von 25 % (bzw. 40 % fĂŒr die Stunden nach Mitternacht). Wichtig ist auch, dass der Grundlohn des Minijobbers 25 € pro Stunde nicht ĂŒbersteigt, damit die ZuschlĂ€ge steuerfrei bleiben.

Wenn diese Voraussetzungen eingehalten werden, sind steuerfreie SFN-ZuschlĂ€ge auch sozialversicherungsfrei. Das bedeutet, sie zĂ€hlen nicht zum Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung und werden nicht auf die Verdienstgrenze des Minijobs angerechnet. Arbeitgeber können also Minijobbern neben dem Grundlohn solche ZuschlĂ€ge zahlen, ohne den Status als Minijob zu gefĂ€hrden – solange die ZuschlĂ€ge tatsĂ€chlich fĂŒr geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlt werden.

Beispiel: Eine Minijobberin in einer BĂ€ckerei erhĂ€lt einen monatlichen Grundlohn von 556 € (die aktuelle Minijob-Grenze seit 2025) plus einen Nachtarbeitszuschlag von 50 € fĂŒr regelmĂ€ĂŸig geleistete Nachtstunden. Ihr tatsĂ€chlicher Monatsverdienst betrĂ€gt 606 €. Da der Zuschlag fĂŒr tatsĂ€chlich gearbeitete Nachtstunden gezahlt wird und 50 € ≈ 25 % ihres Grundlohns ist, bleibt er steuerfrei. FĂŒr die Sozialversicherung zĂ€hlt somit nur der Grundlohn von 556 € – die Minijob-Grenze ist eingehalten, und es fallen auf den 50 € Zuschlag keine BeitrĂ€ge an.

Dieses Beispiel zeigt, wie attraktiv steuerfreie SFN-ZuschlĂ€ge sind: Mehrverdienst ohne Abgaben. Allerdings gerĂ€t dieses Modell ins Wanken, sobald der Minijobber nicht arbeitet, aber Lohnfortzahlung erhĂ€lt – etwa bei Krankheit oder Urlaub.

 

Lohnfortzahlung bei Krankheit und Urlaub: ZuschlÀge werden steuer- und beitragspflichtig

Erkrankt ein Minijobber greift das Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG). Der Arbeitgeber muss bis zu 6 Wochen lang den Lohn weiterzahlen – und zwar in voller Höhe, so als hĂ€tte der Mitarbeiter gearbeitet. Dazu gehören ausdrĂŒcklich auch die SFN-ZuschlĂ€ge.  Das gleiche gilt bei Urlaub. Hier gilt arbeitsrechtlich das Entgeltausfallprinzip (BUrlG §11): Der Arbeitgeber muss dem Minijobber fĂŒr Urlaubstage den Lohn zahlen, den er durchschnittlich in der letzten Zeit verdient hat. Dieser Urlaubslohn (Urlaubsentgelt) bemisst sich meist nach dem Durchschnittsverdienst der letzten 13 Wochen vor Urlaubsbeginn. Wichtig: Haben in diesem Referenzzeitraum SFN-ZuschlĂ€ge eine Rolle gespielt (z. B. regelmĂ€ĂŸige Sonntags- oder Nachtarbeit), fließen sie mit in den Durchschnitt ein. Praktisch erhĂ€lt der Minijobber also wĂ€hrend des Urlaubs den Mittelwert seiner normalen ZuschlĂ€ge mit ausgezahlt. Da er im Urlaub aber keine tatsĂ€chliche Sonn-/Feiertags- oder Nachtarbeit leistet, sind diese enthaltenen Zuschlagsanteile nicht steuerfrei, sondern ganz normales beitragspflichtiges Entgelt.

FĂŒr den Arbeitgeber bedeutet das, dass der vormals steuerfreie Zuschlag nun zum Arbeitsentgelt hinzugerechnet wird und BeitrĂ€ge verursacht. Dadurch kann der monatliche Verdienst des Minijobbers im Krankheitsmonat höher ausfallen als ĂŒblich. Übersteigt dadurch das regelmĂ€ĂŸige Einkommen die jĂ€hrliche Verdienstgrenze fĂŒr geringfĂŒgig BeschĂ€ftigte fĂŒhrt dieses zur vollen Steuer- und Sozialversicherungspflicht fĂŒr den gesamten Abrechnungszeitraum.

Beispiel 1 (Krankheit): Unser vorheriges Beispiel mit der BĂ€ckerei-Mitarbeiterin wird fortgefĂŒhrt. Minijobberin Sandra (556 € Grundlohn + 50 € NachtzuschlĂ€ge) fĂ€llt einen Monat lang krankheitsbedingt aus. Arbeitgeber Kai zahlt per Gesetz Entgeltfortzahlung in Höhe ihres durchschnittlichen Verdienst, also weiterhin 606 € (inklusive der bisher ĂŒblichen 50 € ZuschlĂ€ge). Da Sandra in diesem Monat keine Nachtarbeit leistet, ist der 50 €-Zuschlag nun steuer- und beitragspflichtig. Sandras beitragspflichtiges Entgelt steigt damit auf 606 € und ĂŒberschreitet die monatliche Minijob-Grenze. Auch die jĂ€hrliche Grenze wird dadurch ĂŒberschritten (11 x 556 € + 1 x 606 €) und somit muss der gesamte Abrechnungszeitraum steuer- und sv-pflichtig abgerechnet werden. Dem Arbeitnehmer werden nun also neben Lohnsteuer auch BeitrĂ€ge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung abgezogen. Und das eventuell rĂŒckwirkend.

 

Beispiel 2 (Urlaub): Ein Minijobber erzielt typischerweise 520 € Grundlohn plus ca. 100 € an steuerfreien SonntagszuschlĂ€gen im Monat (insgesamt ~620 €). Solange er arbeitet, bleiben die 100 € ZuschlĂ€ge SV-frei, und fĂŒr die Minijob-Grenze zĂ€hlt nur der regelmĂ€ĂŸige Verdienst von 520 €. Nun nimmt der Minijobber einen vollen Urlaubsmonat. Sein Urlaubsentgelt bemisst sich nach dem durchschnittlichen Monatsverdienst von 620 € der letzten 13 Wochen. Der Arbeitgeber muss ihm also 620 € auszahlen, obwohl keine Sonntagsarbeit geleistet wurde. Hier wird zwar nun die monatliche Verdienstgrenze von 556,00 € ĂŒberschritten, die jĂ€hrliche Verdienstgrenze von 6.672 € wird hier (noch) nicht erreicht (11 x 520 € + 1 x 620 € = 6.340 €). Allerdings kann ein weiterer Urlaub oder eine Krankheit diese Betrachtung noch ins Wanken bringen.

Der obige Fall verdeutlicht: Als Arbeitgeber sollten Sie vorausschauend planen. Wenn absehbar ist, dass regelmĂ€ĂŸige ZuschlĂ€ge beim Urlaubsentgelt problematisch werden, mĂŒssen entweder der Grundlohn oder die Einsatzplanung so angepasst werden, dass der Jahresverdienst innerhalb der Grenze bleibt. Gegebenenfalls kann man den regelmĂ€ĂŸigen Grundlohn etwas niedriger ansetzen, damit inkl. ZuschlĂ€gen im Urlaub die 556 € nicht ĂŒberschritten werden. Alternativ mĂŒsste man im Urlaubsmonat unbezahlt freistellen (was unzulĂ€ssig wĂ€re) – also kommt nur vorausschauende Gestaltung in Betracht.

 

Entstehungsprinzip: Anspruch fĂŒhrt zu Beitragspflicht, auch ohne Auszahlung

Manch ein Arbeitgeber könnte versucht sein, im Krankheits- oder Urlaubsfall die ZuschlĂ€ge einfach nicht zu zahlen, um die Minijob-Grenze nicht zu sprengen. Doch Vorsicht: Das ist rechtlich nicht zulĂ€ssig – und hilft in der Sozialversicherung auch nicht weiter. Zum einen haben Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch auf diese VergĂŒtungsbestandteile im Rahmen der Lohnfortzahlung (das EFZG und BUrlG sind zwingendes Recht). Zum anderen gilt in der Sozialversicherung das Entstehungsprinzip (§ 22 Abs. 1 SGB IV): BeitrĂ€ge werden auf den Lohn fĂ€llig, sobald der Anspruch des Arbeitnehmers darauf entstanden ist – unabhĂ€ngig davon, ob der Arbeitgeber ihn tatsĂ€chlich auszahlt.

In der Praxis spricht man hier von Phantomlohn. Offiziell zustehender, aber nicht ausgezahlter Lohn (z. B. vorenthaltene ZuschlĂ€ge) löst fĂŒr den Arbeitgeber dennoch die volle Beitragspflicht aus. Zahlt ein Arbeitgeber also die zustehenden SFN-ZuschlĂ€ge im Krankheits- oder Urlaubsfall nicht, spĂ€testens bei einer PrĂŒfung durch die Deutsche Rentenversicherung werden diese BetrĂ€ge als versĂ€umtes Arbeitsentgelt behandelt – die SozialversicherungsbeitrĂ€ge mĂŒssen nachgezahlt werden. Besonders Ă€rgerlich: Die Rentenversicherung kann hier unterstellen, dass der Arbeitgeber vorsĂ€tzlich gehandelt hat (da die Verpflichtung zur Fortzahlung bekannt ist). In diesem Fall werden hĂ€ufig SĂ€umniszuschlĂ€ge fĂ€llig, was die Nachzahlung noch teurer macht. Es lohnt sich also keineswegs, die ZuschlĂ€ge “unter den Tisch fallen zu lassen”.

FĂŒr das Finanzamt gilt im Übrigen das Zuflussprinzip: Nicht gezahlter Lohn wird nicht besteuert. Aber sozialversicherungsrechtlich zĂ€hlt der entstandene Anspruch. Arbeitgeber sollten daher beide Seiten korrekt bedienen – die ZuschlĂ€ge auszahlen und die erforderlichen Abgaben abfĂŒhren. So vermeiden Sie rechtliche Risiken und erfĂŒllen Ihre Pflicht gegenĂŒber dem Minijobber.

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