Die unabhängige Mindestlohnkommission hat am 27. Juni 2025 einstimmig beschlossen, den gesetzlichen Mindestlohn in zwei Stufen anzuheben. Damit ist kein Sprung auf 15 € vorgesehen, sondern eine schrittweise Erhöhung, die unterhalb dieser Marke bleibt. Konkret sollen folgende neuen Mindestlohnsätze gelten:
Zum 1. Januar 2026: Erhöhung des Mindestlohns auf 13,90 € brutto pro Stunde (plus 1,08 € gegenüber dem aktuellen Wert).
Zum 1. Januar 2027: weitere Erhöhung auf 14,60 € brutto pro Stunde (zusätzlich +0,70 €).
Diese Beschlüsse entsprechen einem Anstieg von zunächst rund 8,4 % und im Folgejahr nochmals 5,0 %, was insgesamt etwa 13,9 % Lohnsteigerung über zwei Jahre bedeutet. Es handelt sich um die kräftigste durch die Sozialpartner ausgehandelte Mindestlohnerhöhung seit Einführung des gesetzlichen Mindestlohns 2015. Bevor die neuen Sätze in Kraft treten können, muss die Bundesregierung sie per Verordnung umsetzen – Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas hat jedoch bereits ihre Unterstützung für den Vorschlag signalisiert und eine zügige Umsetzung zum 1.1.2026 in Aussicht gestellt.
Gründe für die Entscheidung – warum nicht 15 €?
Die Mindestlohnkommission begründet den im Vergleich zum Koaltionsvertrag moderaten Anstieg damit, dass er einer Gesamtabwägung verschiedener Ziele entspringt. Einerseits soll der Lohn einen angemessenen Mindestschutz für Arbeitnehmer bieten, andererseits sollen faire Wettbewerbsbedingungen erhalten und Beschäftigung nicht gefährdet werden. Die Entscheidung fällt in eine Phase anhaltender wirtschaftlicher Stagnation in Deutschland mit strukturellen Herausforderungen und zurückgehender Konjunktur. Vor diesem Hintergrund hielt die Kommission den vermittelten Vorschlag für vertretbar, um den Mindestschutz der Beschäftigten zu verbessern, ohne die Arbeitsmarktentwicklung zu gefährden.
Im Vorfeld hatten die Positionen der Sozialpartner deutlich auseinandergelegen. Arbeitgebervertreter drängten teils darauf, ganz auf eine Erhöhung zu verzichten, während die Gewerkschaftsseite auf einen kräftigen Anstieg pochte. Letztlich einigte man sich auf den jetzigen Kompromiss nach langen Verhandlungen. Aus Sicht der Gewerkschaften wurde damit immerhin ein Plus von insgesamt 13,9 % (1,78 € pro Stunde) durchgesetzt.
Dennoch stößt das Ergebnis sowohl auf Kritik von Arbeitgeberseite als auch von Arbeitnehmervertretern. Wirtschaftsverbände wie der Handelsverband Deutschland (HDE) warnen, dass ein Mindestlohn von fast 15 € viele Unternehmen – z.B. im Einzelhandel – überfordern könnte. HDE-Präsident Alexander von Preen mahnt, der Handel könne eine derart starke Erhöhung „nicht verkraften“ und es drohten massive Jobverluste insbesondere in personalintensiven Bereichen. Auf der anderen Seite halten Sozialverbände die Steigerung für unzureichend: So kritisiert VdK-Präsidentin Verena Bentele, 14,60 € seien zu wenig, und 15 € Mindestlohn wären angesichts der hohen Inflation der letzten Jahre angemessen gewesen. Jeder Euro mehr helfe Geringverdienern, die stark unter den gestiegenen Preisen leiden, und stärke zugleich die Kaufkraft und den Konsum. Beide Seiten – Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretungen – sehen den Beschluss also mit gemischten Gefühlen, was die Balance des Kompromisses verdeutlicht.
Auswirkungen auf Minijobs: Anhebung der Geringfügigkeitsgrenze
Eine wichtige Folge der Mindestlohnerhöhung betrifft Minijobs (geringfügige Beschäftigungen). Seit Oktober 2022 ist die Verdienstobergrenze für Minijobs dynamisch an den Mindestlohn gekoppelt. Damals wurde die monatliche Geringfügigkeitsgrenze von zuvor 450 € auf 520 € angehoben, um bei 12 € Mindestlohn weiterhin etwa 10 Wochenstunden Arbeit im Minijob zu ermöglichen. Seither gilt die gesetzliche Formel: Mindestlohn x 10 Stunden die Woche x 4,35 ≈ Monatsverdienstgrenze. Mit jeder Erhöhung des Mindestlohns steigt folglich auch die Minijob-Verdienstgrenze automatisch an.
Bereits Anfang 2024 war die Grenze auf 538 € pro Monat gestiegen und beträgt seit 1. Januar 2025 556 € monatlich (bei 12,82 € Mindestlohn). Entsprechend wird die Geringfügigkeitsgrenze mit den nun beschlossenen Lohnanstiegen weiter nach oben verschoben: Ab 2026 dürfte ein Minijobber rund 605 € im Monat verdienen dürfen, ab 2027 dann etwa 636 € monatlich, ohne die Minijob-Privilegien zu verlieren. Diese Anpassung stellt sicher, dass Beschäftigte in Minijobs trotz steigenden Stundenlohns weiterhin ca. 10 Stunden pro Woche arbeiten können, ohne die Verdienstgrenze zu überschreiten. Für Arbeitgeber bedeutet das, dass sie Minijob-Beschäftigte nicht zwangsweise bei Stundenumfang heruntersetzen müssen – die höheren Löhne werden durch eine höhere erlaubte Monatssumme abgefedert. Wichtig ist aber zu beachten, dass sich die Sozialversicherungsfreiheit eines Minijobs strikt an dieser Grenze orientiert. Sobald das regelmäßige monatliche Entgelt den jeweiligen Grenzwert übersteigt, wird aus dem Minijob eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Arbeitgeber sollten daher die neuen Grenzen im Blick behalten und ggf. Arbeitszeiten anpassen, damit der Minijob-Status erhalten bleibt.
(Hinweis: Analog zur Minijob-Grenze verschiebt sich auch der sogenannte Midijob-Übergangsbereich nach oben. Im Jahr 2026 würde ein Midijob demnach voraussichtlich im Bereich von etwa 605,01 € bis 2.000 € Monatsverdienst liegen, ab 2027 dann ca. 636,01 € bis 2.000 €. Die obere Grenze für Midijobs bleibt unverändert bei 2.000 €.)